Direkte Demokratie ist eine Form der Demokratie, in der die Bürger/-innen selbst über die Gesetze und Richtlinien bestimmen können, auf deren Grundlage regiert wird. Im Gegensatz zur “repräsentativen Demokratie” werden keine Vertreter/-innen gewählt, sondern die Bürger/-innen stimmen selbst über politische (Sach-)Fragen ab.

Gliederung

  1. Basis-Infos
  2. Direkte Demokratie auf lokaler Ebene in Sachsen
  3. Direkte Demokratie auf sächsischer Landesebene
  4. Bisher eingereichte Volksanträge in Sachsen
  5. Wo finde ich mehr Informationen?

1. Basis-Infos

Was ist „direkte Demokratie“?

Direkte Demokratie ist eine Form der Demokratie, in der die Bürger*innen selbst über die Gesetze und Richtlinien bestimmen können, auf deren Grundlage regiert wird. Im Gegensatz zur “repräsentativen Demokratie” werden keine Vertreter*innen gewählt, sondern die Bürger*innen stimmen selbst über politische (Sach-)Fragen ab.

Wie funktioniert direkte Demokratie in Sachsen?

Es gibt drei Verfahren direkter Demokratie in Deutschland. Verglichen mit den übrigen Bundesländern verfügt Sachsen über ein relativ weit entwickeltes System der direkten Demokratie.

Anders als bspw. in der Schweiz gibt es in Deutschland auf Bundesebene keine Möglichkeit für die Bürger*innen auf direktdemokratischem Wege politische Themen mitzugestalten. Jedoch können die Bürger*innen auf Gemeinde- und Landesebene durch ein dreistufiges Gesetzgebungsverfahren direkten Einfluss auf die dortige Politik nehmen. Jene lokalen direktdemokratischen Verfahren werden je nach Bundesland unterschiedlich geregelt.

2. Direkte Demokratie auf lokaler Ebene in Sachsen

Auf Gemeinde-, Stadt- und Kreisebene gibt es in Sachsen ein zweistufiges direktdemokratisches Verfahren, das aus einem Bürgerbegehren und ggf. einem Bürgerentscheid besteht. Zudem können die Bürger*innen einen Einwohnerantrag stellen und eine Einwohnerversammlung einberufen. Bei den beiden letztgenannten Verfahren wird der Gemeinderat jedoch nicht verpflichtet eine Entscheidung in Bezug auf das behandelte Thema zu treffen.

Bürgerbegehren

Durch ein Bürgerbegehren kann eine Gruppe von Bürger*innen (mindestens 15% der wahlberechtigten Bevölkerung (Quorum)) anhand einer Unterschriftenliste die Umsetzung einer bestimmten lokalen Maßnahme beim Gemeinderat einfordern. Ein Bürgerbegehren muss eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Fragestellung beinhalten, zudem eine Begründung und einen Kostenvoranschlag der geforderten Maßnahme. Lehnt der Gemeinderat den Beschluss der eingeforderten Maßnahme ab wird zum Verfahren des Bürgerentscheids übergegangen.

Bürgerentscheid

Bei dieser Abstimmung auf Gemeindeebene kann thematisch über alles entschieden werden was in den Verantwortungsbereich des Gemeinderates fällt, ausgeschlossen sind jedoch Fragen, die den Haushalt betreffen. Damit ein Bürgerentscheid erfolgreich ist müssen mindestens 25% der Stimmberechtigten für die geforderte Maßnahme stimmen (Zustimmungsquorum).

Einwohnerantrag

Bei einem Einwohnerantrag kann der Gemeinderat verpflichtet werden ein kommunalpolitisches Thema in einem bestimmten Zeitrahmen zu behandeln. Für einen erfolgreichen Einwohnerantrag ist ein Unterschriftenquorum von 10% nötig, wobei hier bereits Bürger*innen ab Vollendung des 16. Lebensjahrs zur Unterzeichnung berechtigt sind.

Einwohnerversammlung

Zur Beantragung einer Einwohnerversammlung, bei der sich der Gemeinderat und der/die Bürgermeister*in für ein Gespräch über ein bestimmtes Thema zur Verfügung stellen müssen, ist das gleiche Quorum zu erfüllen wie bei einem Einwohnerantrag.

3. Direkte Demokratie auf sächsischer Landesebene

Auf Landesebene gibt es in Sachsen nicht mehr nur zwei Stufen direktdemokratischer Einflussnahme, wie auf Gemeindeebene, sondern drei: Der Volksantrag, das Volksbegehren und der Volksentscheid.

Antrag auf ein Volksbegehren/ Volksinitiative (in Sachsen: Volksantrag)

Bürger*innen können über einen Volksantrag einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen. Dafür müssen sie 40 000 Unterschriften sammeln. Der/die Landtagspräsident*in prüft daraufhin den Volksantrag. Ist dieser formal und thematisch korrekt (d.h. befasst er sich mit einem Thema für das das Bundesland und nicht bspw. der Bund zuständig ist), dann geht er, wie andere Gesetzentwürfe auch, den parlamentarischen Weg im Landtag. Themen, die in einem Volksantrag behandelt werden können sind bspw. Fragen zu Bildungs- und Schulpolitik oder zu Umweltthemen (siehe auch unsere Seite zur Landtagswahl). Folgendermaßen könnte ein solcher Volksantrag aussehen:Soll die Gemeinde das geplante Bergwerk auf dem Gemeindegebiet ablehnen? Ist das Abfallvermeidungskonzept des Kreises weitreichend genug? Soll die Stadt eine autofreie Innenstadt erhalten?

Ziel: Gesetzesänderung, Volksbegehren

Volksbegehren

Wenn der über einen Volksantrag eingebrachte Gesetzentwurf vom Landtag abgelehnt wird, können die Bürger*innen über ein Volksbegehren einen Volksentscheid erzwingen. Dafür sind allerdings 450 000 Unterschriften nötig.

Ziel: Gesetzesänderung, Volksentscheid

Volksentscheid

Nach Volksantrag und Volksbegehren ist der Volksentscheid die dritte Stufe des direktdemokratischen Prozesses auf Landesebene. Sind 450 000 Unterschriften im Volksbegehren zusammengekommen, muss ein Volksentscheid durchgeführt werden. Der Landtag kann hier einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, für den die Bürger*innen sich bei der Abstimmung alternativ entscheiden können. Stimmen mehr Bürger*innnen für den durch die Bürgerinitiative eingebrachten Gesetzentwurf, tritt er als Gesetz in Kraft. Beim Volksentscheid in Sachsen gibt es keinerlei Beteiligungs- oder Zustimmungsquoren. Das heißt die einfache Mehrheit der Stimmen entscheidet. Auch über Verfassungsänderungen kann in Sachsen mittels Volksentscheid entschieden werden. Hier gilt allerdings ein Zustimmungsquorum: Mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten muss dem verfassungsändernden Gesetzentwurf zustimmen.

Ziel: Gesetzesänderung

Wer darf an Volksbegehren oder Volksentscheiden teilnehmen?

Alle im Land Stimmberechtigten haben das Recht, einen Volksantrag in Gang zu setzen bzw. ihn zu unterzeichnen und abzustimmen. Stimmberechtigt in Sachsen ist jede/r Deutsche (im Sinne des Artikel 116 Absatz 1 GG), der 18 Jahre alt ist und seine Hauptwohnung mindestens drei Monate im Freistaat Sachsen hat.

4. Bisher eingereichte Volksanträge in Sachsen

Seit 1994 die Volksgesetzgebung im Freistaat Sachsen eingeführt wurde, gab es acht Volksanträge, vier Volksbegehren und einen Volksentscheid.

Volksanträge

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes des Freistaates Sachsen (eingereicht am 29.08.2001)

Initianten: Verein „Zukunft braucht Schule“ e.V.
Unterstützung durch circa 62 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag
Volksbegehren: Überreichung von ca. 360 000 Unterschriften (Volksbegehren scheiterte)

Gesetz über die Änderung des Sparkassengesetzes des Freistaates Sachsen (eingereicht am 15.03.1999)

Initianten: „Pro Kommunale Sparkassen“
Unterstützung durch ca. 96 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag
Volksbegehren: Überreichung von 449.667 (gültigen) Unterschriften; Klage gegen die Überprüfung der Unterstützungsunterschriften von Seiten der Initiative (Volksbegehren war erfolgreich).
Volksentscheid: Von ca. 3,5 Millionen Stimmberechtigten gaben ca. 930 000 Bürger*innen ihre Stimme ab: Für den Gesetzentwurf stimmten ca. 790 000, dagegen ca. 140 000 (das Gesetz zur Erhaltung der kommunalen Sparkassen konnte durchgesetzt werden).

Gesetz über das Leitbild, die Leitlinien und die Durchführung der Gemeindegebietsreform im Freistaat Sachsen (eingereicht am 18.12.1997)

Initianten: Sächsischer Gemeindebund e.V.
Unterstützung durch ca. 59 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag aufgrund einer unzulässig hohen Zahl ungültiger Unterschriften. Das geforderte Quorum von 40 000 gültigen Unterschriften wurde nicht erreicht.

Gesetz über die Änderung der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen (eingereicht am 23.04.1997)
Initianten: Bürgerinitiativen Soziales Sachsen (BISS) e.V.
Unterstützung durch ca. 115 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (eingereicht am 09.02.1994)
Initianten: Landeselternrat Sachsen
Unterstützung durch ca. 190 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag
Volksbegehren: Überreichung von ca. 211 000 Unterschriften (Volksbegehren scheiterte)

Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen (eingereicht am 16.07.1993)
Initianten: Landesverband der PDS Sachsen, Initiative für ein demokratisch verfasstes Sachsen e.V., Fraktion Linke Liste/PDS
Unterstützung durch ca. 55 000 Unterschriften
Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den sächsischen Landtag
Volksbegehren: Überreichung von ca. 141 000 Unterschriften (Volksbegehren scheiterte)

Gesetz zur Novellierung des Schulgesetzes des Freistaates Sachsen (eingereicht am 28.05.1993)
Initianten: Kreiselternrat der Stadt Dresden, Arbeitsgruppe Grundschulen in Sachsen
Unterstützung durch ca. 50 000 Unterschriften
Nichtberücksichtigung des Antrags aufgrund von formaler Mängel (Unterschriftenliste enthielt keinen Gesetzentwurf).

Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Kreisgebietsreform (eingereicht am 30.07.1992)
Initianten: Landrat des Landkreises Hohenstein-Ernstthal und Landrat des Landkreises Chemnitz
Unterstützung durch ca. 45 000 Unterschriften
Nichtberücksichtigung des Antrags, da es sich um keinen selbstständigen Gesetzentwurf handelte

5. Wo finde ich mehr Informationen?

Rellecke, Werner, Wahlen in Sachsen, Dresden, 2009.

Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, 
https://www.slpb.de/themen/politische-bildung/politische-bildung-und-schule